Sam Francis

Untitled, 1984

106.7 X 73 inch

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Falsche Meisterwerke: So Entlarven Sie Kunstfälschungen

Nicolas Party: Renaissance-Echos in Surrealen Landschaften

Nicolas Party’s Pastel Worlds: Renaissance Echoes in Surreal Landscapes

Von Emilia Novak

Vom Graffiti zur Galerie

Nicolas Party, geboren 1980 in Lausanne, Schweiz, begann seinen künstlerischen Weg nicht in einem klassischen Atelier, sondern auf den Wänden der Stadt. Als Teenager war er Teil einer eingeschworenen Graffitiszene, sprühte nachts heimlich Wandbilder und musste sich gelegentlich den Konsequenzen stellen. „Es macht Spaß, aber Nächte im Gefängnis werden irgendwann langweilig“, bemerkte er später. Mit 21 Jahren ließ Party das illegale Sprayen hinter sich, um eine formale Ausbildung zu beginnen – zunächst an der Kunstschule in Lausanne, dann absolvierte er einen Master of Fine Arts an der Glasgow School of Art. Es folgte eine Reise durch Epochen und Städte – Glasgow, Brüssel, New York – die seine Beziehung zur Kunstgeschichte zunehmend vertiefte.

Partys Werk bewegt sich zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Er bezieht sich auf Fresken der Renaissance, Schweizer Landschaften des 19. Jahrhunderts, Rokoko-Pastellisten wie Rosalba Carriera und surrealistische Meister wie René Magritte. Sein bevorzugtes Medium, das weiche Pastell, hat sich seit dem 18. Jahrhundert kaum verändert. Es heute zu verwenden, wirkt fast anachronistisch – doch Party nimmt diese Geschichte und Materialität bewusst an, um kühne, zeitgenössische Bilder zu schaffen, die zugleich leuchtend und traumhaft wirken.

Kritiker und Kuratoren betonen, wie das Pastell Partys Arbeiten eine besondere Tiefe verleiht: samtige Oberflächen, reines Pigment und ein matter Glanz, der sich fotografisch kaum einfangen lässt. Seine Stillleben, Porträts und Landschaften mögen thematisch klassisch sein, doch sie erscheinen absolut gegenwärtig. Party hat das Pastell zu einem ernstzunehmenden, ja sogar radikalen Medium gemacht, das kunsthistorische Tiefe mit moderner Energie verbindet.

Porträts und Landschaften mit einer Wendung

 

Die Motive, die Party wählt – Porträts, Obstschalen, Wälder – klingen auf den ersten Blick konventionell. Doch er gibt ihnen eine unverkennbare Fremdheit. Seine Porträts zeigen androgyne Gesichter mit glatter Haut und übergroßen, starr blickenden Augen. Vor flächigen, kräftig gefärbten Hintergründen scheinen die Köpfe zu schweben, ihre Züge mit sanfter, beinahe unheimlicher Präzision modelliert. Ihre ruhige, beinahe meditative Ausstrahlung erinnert an die stoische Intensität der Porträtierten in Ferdinand Hodlers Gemälden – allerdings befreit von allen realistischen Details.

 

Seine Landschaften hingegen sind traumartig. Bäume erscheinen als farbige Silhouetten, Hügel rollen in Violett und Türkis, Monde glühen rot in indigoblauem Himmel. In seiner gefeierten Serie Trees (2015–2020) reduzierte Party Baumgruppen auf rhythmisch gesetzte Vertikalen und spielte dabei mit Wiederholung und Farbe. Betrachter haben seine Kompositionen mit jenen von Félix Vallotton oder sogar Dr. Seuss verglichen – stilisiert, bühnenhaft, fantasievoll. In Blue Sunset (2018) fließt ein türkisfarbener Fluss durch lavendelfarbene Hügel unter einer purpurroten Kugel, rosa Bäume sprenkeln das Terrain wie Süßigkeiten. Das Bild wirkt surreal und doch ruhig, getragen von klarer Formensprache und fauvistisch leuchtender Farbigkeit.

 

Diese seltsame, traumartige Qualität findet sich auch in seinen Stillleben, in denen Früchte in monochromen Tönen oder vor tiefschwarzem Hintergrund erscheinen und wie Requisiten auf einer Bühne leuchten. In jüngerer Zeit verwischt er die Grenzen zwischen Gattungen, indem er Büsten in pflanzlich-tierische Hybride verwandelt – ein Torso aus Zweigen, ein Gesicht, dem Blätter entwachsen. In einer Druckserie schweben rätselhafte Köpfe, zusammengesetzt aus geometrischen Blöcken und Mustern, über farbigen Flächen. Sie erinnern an antike Mythen oder surrealistische Bilderrätsel. „Sie werden wie Geister“, sagte Party über diese Chimären, eine Anspielung auf ägyptische Mischwesen oder Magrittes visuelle Rätselspiele.

Eine Welt zum Eintreten

 

Auch wenn Partys Zeichnungen und Gemälde oft intim wirken, arbeitet er regelmäßig im monumentalen Maßstab – mit Wandmalereien und Installationen, die ganze Räume in immersive Erlebnisse verwandeln. Es ist eine logische Weiterentwicklung aus seiner Graffitivergangenheit: Er versteht es, Architektur und Farbe einzusetzen, um Wahrnehmung gezielt zu steuern.

 

Seine Ausstellungen umfassen häufig bemalte Wände, maßgeschneiderte Sockel und theatralisches Licht. In Speakers (2017) bei Modern Art Oxford verwandelte er die Galerie in eine Abfolge farbsatter Räume, dominiert von überlebensgroßen Gesichtern. Im M WOODS Museum in Peking inszenierte seine Ausstellung Arches (2018) einen falschen Kreuzgang – mit Pastellfresken, eingerahmt von trompe-l’œil-Architektur. Für das Hirshhorn Museum in Washington, D.C. schuf Party ein monumentales Rundbild, das einen endlosen Tag darstellte – Sonnenaufgang und Sonnenuntergang in ewiger Wiederholung.

 

Kritiker heben seine theatralische Inszenierung hervor. Die Bildwelt geht oft über das eigentliche Werk hinaus – Vögel flattern über Galeriewände, Quallen schweben neben Porträts, oder Skulpturenbüsten stehen auf marmorierten Sockeln und lenken die Bewegung der Besucher. Diese immersive Strategie verwischt die Grenzen zwischen Kunstwerk und Raum und lädt das Publikum dazu ein, ein Gesamtkunstwerk zu betreten.

Dialog mit der Kunstgeschichte

 

Partys Interesse an historischen Techniken ist mehr als nur ästhetisch – es prägt die Konzeption seiner Ausstellungen. 2018 wurde er vom Musée Magritte in Brüssel eingeladen, eine Schau im Dialog mit dem belgischen Surrealisten zu gestalten. Anstatt klassisch zu hängen, malte Party wandfüllende Fresken vor Ort, die Magrittes Farbpalette und Atmosphäre aufgriffen – visuelle Gespräche, die teilweise kaum vom Original zu unterscheiden waren.

 

2022 zeigte seine Ausstellung Red Forest bei Hauser & Wirth in Hongkong sein üppiges, atmosphärisches Stilrepertoire in Gemälden und Wandmalereien. Das Zusammenspiel von Natur und Fantasie spiegelte globale Themen – Klimawandel, die Zerbrechlichkeit von Schönheit – jedoch mit poetischem, nicht belehrendem Ton.

 

Im selben Jahr fertigte er Wandarbeiten für große US-Institutionen wie das Dallas Museum of Art und das Hammer Museum an. Sein Projekt 2024 im Frick Madison in New York gilt als bisher ambitioniertester historischer Kommentar: Zwei seiner Pastellporträts wurden neben einem Werk von Rosalba Carriera aus dem 18. Jahrhundert präsentiert – eine seiner bedeutendsten Inspirationsquellen – in einem über Epochen hinweg kuratierten Dialog. Party bemalte sogar die Wände mit übergroßen Pastellvorhängen im Stil alter Meister und verwandelte den weißen Galerieraum in eine Bühne für Erinnerung, Hommage und Neuinterpretation.

 

 

Sammlerinteresse und Markteinfluss

 

Mit der Entwicklung seiner Kunst wuchs auch Nicolas Partys Bedeutung im Kunstmarkt. Seit seinem Beitritt zu Hauser & Wirth im Jahr 2019 zählt er zu den wichtigsten Künstlern der Galerie. Seine Einzelausstellungen sind regelmäßig ausverkauft, die Wartelisten für neue Werke lang.

 

Ein bedeutender Meilenstein kam 2022: Blue Sunset wurde bei Christie’s Hongkong für 52 Millionen HK$ (etwa 6,7 Millionen US-Dollar) versteigert – mehr als das Doppelte seines bisherigen Auktionsrekords. Christie’s bezeichnete den Verkauf als „enormen Sprung“ und hob hervor, wie selten große Pastellarbeiten von Party auf dem freien Markt verfügbar sind.

Heute zählt er zu den wertvollsten Künstlern, die nach 1980 geboren wurden – mit wachsender institutioneller Präsenz und internationaler Sammlernachfrage. Die Kombination aus kunsthistorischem Tiefgang und visueller Kraft – seine Werke wirken sowohl auf Instagram als auch in Museen – erklärt seinen Erfolg. Seine Farben ziehen in den Bann, seine Bildsprache ist unverkennbar. Unter der verspielten Oberfläche verbergen sich technische Raffinesse und kunsthistorische Referenzen, die zur wiederholten Betrachtung einladen.

 

Neben Originalgemälden produziert Party auch Editionen, Skulpturen und Designobjekte. Seine Druckserie Karma (2017), mit stilisierten Gesichtern in leuchtenden Farben, bot einen leichteren Einstieg für Sammler und hat seither an Wert gewonnen. Er übertrug seine Porträts auch in skulpturale Formen und Textilien – etwa eine gewebte Decke aus dem Jahr 2017 mit einem surrealen Kopf – und erweiterte so seine kreative Reichweite und Sammelbarkeit.

 

 

 

Zeitgenössische Relevanz und nachhaltige Wirkung

 

Warum berührt Partys Werk gerade heute so sehr? Zum Teil liegt es an seiner Balance zwischen zeitloser Form und zeitgenössischer Wendung. Seine Motive – Bäume, Gesichter, Wolken – sind vertraut, aber in unmöglichen Farben oder seltsamen Kombinationen dargestellt. Diese Mischung erzeugt eine sanfte Desorientierung, die dem modernen Leben entspricht: schön, aber aus dem Gleichgewicht.

 

Seine Kunst vermittelt eine ruhige Nachdenklichkeit – ein Gegenpol zum digitalen Lärm. In Zeiten ökologischer Angst, gesellschaftlicher Umbrüche und visueller Überreizung lädt Party uns zum Innehalten ein. Seine Wälder mögen in künstlichem Licht leuchten, doch sie verweisen auf reale Verletzlichkeit. Einige Wandbilder lassen brennende Wälder oder überflutete Landschaften anklingen – subtile Hinweise auf den Klimawandel. „Menschen sind besorgt über die Zukunft“, sagte er einmal. „Die Bilder sprechen unser Unterbewusstsein direkt an.“

Diese Fähigkeit, aktuelle Unsicherheiten ohne Belehrung aufzugreifen, ist Teil seiner Stärke. Er nutzt klassische Mittel – Allegorie, Hybridität, Mythos – in moderner Form, um Raum für Staunen zu schaffen. Seine Werke wirken persönlich und universell zugleich: ebenso zu Hause in kindlicher Fantasie wie im Salon eines Kunstsammlers.

 

 

 

Ein Maler für das 21. Jahrhundert

 

Nicolas Partys Kunst bewegt sich zwischen Tradition und Innovation. Er haucht dem Pastell neues Leben ein, mit der Präzision eines Gelehrten, doch seine Bilder pulsieren vor gegenwärtiger Lebendigkeit. Ob er sich von Carriera, Magritte oder Dr. Seuss inspirieren lässt – er verwandelt diese Einflüsse in etwas zutiefst Eigenes.

 

Er lädt uns ein in Traumlandschaften aus Pastell, in denen Logik sich beugt und Zeit sich auflöst – wo rosa Bäume leuchten, Gesichter wie Geister schweben und Wände in gemaltem Licht flimmern. Für Museen, Sammler und flanierende Besucher bietet Partys Welt zugleich Eskapismus und Spiegelung. Es ist ein Ort, an dem die Vergangenheit leise spricht, die Gegenwart funkelt – und die Zukunft ein wenig magischer erscheint.

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