Sam Francis

Untitled, 1984

106.7 X 73 inch

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Abstrakte Kunst entschlüsseln: wie man nicht-gegenständliche Werke betrachtet und schätzt

Decoding Abstract Art: How to Approach and Appreciate Non-Representational Works

Von Emilia Novak

Einleitung: Vor dem Unbekannten

Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor einer großen Leinwand mit kräftigen Feldern aus Orange und Blau, oder Sie begegnen einer monumentalen Stahlarbeit, die sich weigert, eine erkennbare Form anzunehmen. Die naheliegende Frage lautet: Was bedeutet das? Abstrakte Kunst provoziert solche Reaktionen, weil sie sich einer einfachen Erklärung entzieht. Anders als gegenständliche Kunst, die Szenen oder Landschaften zeigt, lädt die Abstraktion uns ein, Kunst über Form, Farbe, Struktur und Rhythmus zu erleben.

Um dies zu erkunden, betrachten wir Werke von Eduardo Chillida, Thomas Ruff, Alexander Calder, Ellsworth Kelly, Joan Miró, Pierre Soulages, Helen Frankenthaler und Robert Motherwell. Jeder eröffnet auf seine Weise einen Zugang zur Abstraktion.


Abstrakte Kunst und ihre vielen Wege

Abstraktion ist kein einheitlicher Stil, sondern ein weites Feld. Sie umfasst die lyrischen Farbwäschen des Abstrakten Expressionismus, die geometrische Klarheit der Hard-edge Painting, die gestische Spontaneität des Aktionismus und die erfinderischen Oberflächen von Tapisserie und Skulptur.

Für den Betrachter geht es nicht um Erzählungen, sondern um Empfindsamkeit gegenüber visuellen und materiellen Qualitäten: Welche Spannung spüre ich? Welche Balance oder Unruhe entsteht? Wie wirken Farben, Strukturen und Maßstab auf meine Wahrnehmung?


Eduardo Chillida – Antzo VIII: Architektur des Raums

Der baskische Bildhauer Eduardo Chillida arbeitete häufig mit massiven Stahlformen, die den Raum ebenso gestalten wie das Material selbst. Antzo VIII zeigt ineinandergreifende, verdrehte Elemente, die gleichzeitig Gewicht und Bewegung ausstrahlen.

Chillida sagte: „Mein ganzes Werk ist eine Entdeckungsreise im Raum.“ Um dieses Werk zu verstehen, geht es darum, die Beziehung von Volumen und Leere, von Licht und Schatten wahrzunehmen.

 

 

Thomas Ruff – Substrat 21 III: Digitale Flächen und unendliche Schichten

 

Der deutsche Fotograf Thomas Ruff verschiebt die Abstraktion ins Digitale. Seine Serie Substrat entstand aus manipulierten Internetbildern, die in leuchtende, fließende Oberflächen verwandelt wurden.

Was wie eine psychedelische Farbwolke wirkt, ist in Wirklichkeit eine Reflexion über Wahrnehmung: Was bleibt, wenn jedes Bild seinen Kontext verliert?

 

 

Alexander Calder – Red Moon and Swirl: Spielerische Energie auf Papier

 

Alexander Calder, bekannt für seine Mobiles, malte auch dynamische Gouachen. Red Moon and Swirl zeigt einfache, kräftige Formen in lebendigen Farben, die wie in Bewegung erscheinen.

Im Gegensatz zu Chillidas schwerem Stahl ist Calders Bildsprache leicht und spielerisch. Die roten und schwarzen Formen tanzen beinahe über die Fläche.

 

 

Ellsworth Kelly – Orange and Blue over Yellow: Die Macht der reinen Farbe

 

Ellsworth Kelly reduzierte seine Kunst auf Farbe und Form. Als zentrale Figur der Hard-edge Painting verzichtete er auf persönliche Gestik und Emotion, um reine visuelle Wirkung zu erzeugen.

In Orange and Blue over Yellow schweben große Farbfelder über einem gelben Grund. Die Wirkung ist unmittelbar, körperlich spürbar.

 

 

Joan Miró – Sobreteixims i Escultures: Haptische Abstraktion

 

In seinen späten Jahren verband Joan Miró Malerei, Collage und Tapisserie. Sobreteixims i Escultures verschmilzt zweidimensionale und dreidimensionale Kunst.

Die groben Strukturen und spielerischen Formen spiegeln seine Nähe zum Automatismus wider. Hier wird Abstraktion nicht nur visuell, sondern fast greifbar.

 

 

Pierre Soulages – Eau-forte XXXII: Schwarz als Lichtwelt

 

Der französische Maler Pierre Soulages widmete sein Werk dem Schwarz, das er Outrenoir nannte—„jenseits des Schwarz“. In Eau-forte XXXII ist Schwarz keine Leere, sondern ein lebendiger Dialog mit dem Licht.

Die geätzten Linien durchbrechen die Dunkelheit und offenbaren feine Schimmer. Um Soulages zu schätzen, muss man sich Zeit nehmen und Nuancen wahrnehmen.

 

 

Helen Frankenthaler – Solar Imp: Der lyrische Fluss der Farbe

 

Helen Frankenthaler, Pionierin des Abstrakten Expressionismus und des Color Field, entwickelte die „Soak-Stain“-Technik. In Solar Imp breiten sich durchscheinende Farbschichten wie atmosphärische Erscheinungen aus.

Ihre Malerei ist fließend, intuitiv und offenbart Tiefe durch Überlagerungen.

 

 

Robert Motherwell – Nocturne II (aus der Octavio Paz Suite): Poesie in der Abstraktion

 

Robert Motherwell verband Gestik mit Literatur und Philosophie. Nocturne II gehört zu einer Suite, die vom mexikanischen Dichter Octavio Paz inspiriert wurde.

Dunkle, gestische Formen durchziehen die Fläche mit Gewicht und Rhythmus. Nicht das Wort erklärt hier, sondern das Empfinden – ähnlich wie bei einem Gedicht.

 

 

Abstrakte Kunst betrachten

 

  • Form und Komposition: Welche Beziehungen entstehen?
  • Farbe und Textur: Welche Gefühle lösen sie aus?
  • Materialität und Prozess: Wie wirkt das Medium?
  • Bewegung und Rhythmus: Stillstand, Dynamik oder Chaos?

 

Fazit

 

Abstrakte Kunst entzieht sich eindeutigen Deutungen. Werke von Chillida, Ruff, Calder, Kelly, Miró, Soulages, Frankenthaler und Motherwell zeigen die Vielfalt nicht-gegenständlicher Ausdrucksformen – von schwerem Stahl bis zu digitalen Strömen, von Farbflächen bis zu tiefschwarzen Radierungen.

 

Abstraktion ist keine Lösung eines Rätsels, sondern eine Einladung zur Erfahrung.

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